24 Stunden Betreuung

Was bedeutet eigentlich 24-Stunden-Pflege?

Wenn Sie sich mit dem Thema Pflege befassen – sei es für sich selbst oder Angehörige –, dann stolpern Sie früher oder später über den Begriff „24-Stunden-Pflege“. Gemeint ist damit nicht zwingend, dass rund um die Uhr aktiv gepflegt wird, sondern dass eine Betreuungsperson im Haushalt der pflegebedürftigen Person lebt und bei Bedarf jederzeit zur Stelle sein kann. In der Praxis spricht man daher oft von einer „Live-in-Pflegekraft“ oder 24 Stunden Betreuung. Der große Vorteil: Die betreute Person kann in ihrem gewohnten Zuhause bleiben – mit einem Maß an Sicherheit und Fürsorge, das ambulante Pflegedienste alleine oft nicht leisten können.

Wie läuft 24-Stunden-Pflege konkret ab?

In der Regel zieht eine Betreuungskraft, häufig aus osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien oder Bulgarien, in den Haushalt der pflegebedürftigen Person ein. Sie kümmert sich um alltägliche Dinge wie:

  • Hilfe beim Aufstehen und Zubettgehen
  • Unterstützung bei der Körperpflege
  • Zubereitung von Mahlzeiten
  • Haushaltstätigkeiten (Putzen, Wäsche, Einkaufen)
  • Begleitung bei Arztbesuchen oder Spaziergängen
  • Gesellschaft leisten, Gespräche führen, einfach „da sein“

Wichtig zu wissen: Medizinische Leistungen wie das Verabreichen von Spritzen oder das Wechseln von Verbänden dürfen nur examinierte Pflegekräfte mit entsprechender Ausbildung übernehmen – und diese sind im Rahmen der 24-Stunden-Pflege nicht immer dabei.

Rechtliche Grauzonen und aktuelle Entwicklungen

Die 24-Stunden-Pflege ist ein Modell, das lange Zeit in einer juristischen Grauzone stattfand. Erst seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Juni 2021 ist klar: Auch ausländische Betreuungskräfte haben Anspruch auf den deutschen Mindestlohn – und zwar auch für Bereitschaftszeiten. Das hat massive Auswirkungen auf die Kostenstruktur.

Pflegekräftemangel verschärft die Lage

Schon heute fehlen in Deutschland rund 100.000 Pflegekräfte – Tendenz steigend. Der demografische Wandel tut sein Übriges: Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig, während gleichzeitig weniger junge Menschen in Pflegeberufe einsteigen. Das macht das Live-in-Modell für viele Familien attraktiv, weil es vergleichsweise bezahlbar erscheint – zumindest auf den ersten Blick.

Was kostet eine 24-Stunden-Pflege?

Die Preise variieren stark, je nach Anbieter, Sprachkenntnissen und Qualifikation der Betreuungskraft. Seriöse Agenturen verlangen inzwischen zwischen 2.500 und 4.000 Euro im Monat, teilweise auch mehr, wenn Bereitschaftszeiten fair bezahlt werden sollen. Die Pflegeversicherung beteiligt sich über die Pflegegrade nur begrenzt:

  • Pflegegeld bei Pflegegrad 2: 332 €/Monat
  • Pflegegrad 3: 573 €/Monat
  • Pflegegrad 4: 765 €/Monat
  • Pflegegrad 5: 947 €/Monat

Hinzu kommt ein Entlastungsbetrag von 125 € monatlich, der jedoch oft nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken. Viele Familien müssen daher privat zuzahlen.

Seriöse Agenturen oder illegale Beschäftigung?

Ein leidiges Thema – und dennoch brandaktuell: Laut Schätzungen arbeiten mehrere zehntausend Pflegekräfte in Deutschland ohne gültigen Arbeitsvertrag. Manche Familien beauftragen Betreuungskräfte direkt aus dem Ausland und umgehen dabei deutsche Sozialversicherungsstandards. Das ist nicht nur rechtlich riskant, sondern auch moralisch fragwürdig.

Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte auf eine Vermittlung durch seriöse Agenturen achten, die:

  • die Betreuungskräfte sozialversichert anmelden (meist über das Entsendemodell/EU-Dienstleistungsfreiheit)
  • faire Arbeitsbedingungen garantieren
  • Transparenz über Leistungen und Kosten bieten

Was ändert sich 2025?

Die Bundesregierung plant laut aktuellem Referentenentwurf zur Pflegereform 2025 eine gesetzliche Regulierung der häuslichen Betreuung, um Missbrauch und Ausbeutung einzudämmen. Diskutiert wird ein verpflichtendes Melderegister, bessere Kontrolle von Vermittlungsagenturen und klare Standards für Arbeitszeit, Unterbringung und Vergütung. Auch die Rolle von Plattformen wie „Pflegehelden“ oder „Home Instead“ wird zunehmend kritisch betrachtet.

Welche Alternativen gibt es?

Nicht jede Familie kann oder will eine 24-Stunden-Pflege stemmen. Hier einige Alternativen:

  • Ambulante Pflegedienste: Übernehmen punktuell Aufgaben wie Körperpflege, Medikamentengabe oder Wundversorgung – aber eben nur stundenweise.
  • Tagespflege: Pflegebedürftige werden tagsüber betreut, nachts bleiben sie zu Hause.
  • Betreutes Wohnen: Für Menschen, die noch relativ mobil sind und selbstbestimmt leben möchten, aber im Notfall Hilfe brauchen.
  • Pflege-WGs: Alternative Wohnformen mit gemeinschaftlichem Charakter und professioneller Unterstützung.
  • Pflegeheim: Die „klassische“ Variante, oft aber mit dem Nachteil des Verlusts von Privatsphäre und Vertrautheit.

Fazit: Zwischen Herz und Verstand

Die Entscheidung für oder gegen eine 24-Stunden-Pflege ist immer individuell – und selten leicht. Sie verlangt viel Organisation, finanzielles Durchhaltevermögen und vor allem: Vertrauen. Doch wenn die Chemie stimmt, kann eine Live-in-Betreuung nicht nur pflegerische Versorgung sichern, sondern auch echte Lebensqualität schenken – für Pflegebedürftige und Angehörige gleichermaßen.

Bild: ChatGPT

24-Stunden-Pflege in Deutschland: Zwischen Menschlichkeit, Bürokratie und Zukunftsfragen
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