In knapp 6 Wochen, am 24. September, ist Bundestagswahl. Ich habe mir deshalb mal die Wahlprogramme der Parteien näher angeschaut. Was wird im Hinblick auf alte Menschen und deren würdevolle Pflege versprochen? Sind das auch diesmal wieder nur leere Worthülsen oder tut sich auch NACH der Wahl endlich etwas?
Natürlich wird aufgrund der demografischen Entwicklung das Thema “Senioren und alte Menschen” im Wahlkampf immer wichtiger. Es gilt, bei der großen Schar an älteren und alten Bürgern zu punkten. An ihnen kommt man nicht mehr vorbei, wenn man am Ende zu den Gewinnern zählen möchte oder gar die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler stellen will. Darum haben natürlich auch alle Parteien dazu etwas in ihre Wahlprogramme aufgenommen.
Ich habe mich nun also durch hunderte Seiten Wahlprogramm gekämpft und möchte hier natürlich nur explizit auf Programmpunkte eingehen, die mit alten Menschen und deren würdevoller Pflege zu tun haben. Die Reihenfolge hat übrigens nichts mit meiner persönlichen Überzeugung zu tun. Ich stelle Ihnen die Wahlprogramme einfach nach der derzeitigen Größe der jeweiligen Partei geordnet vor.
CDU / CSU: “Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben”
Die Lebenserwartung in Deutschland ist seit Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen. Viele Seniorinnen und Senioren sind fit und leistungsfähig, treiben Sport, reisen oder engagieren sich ehrenamtlich für andere. Wiederum andere benötigen schon sehr früh Pflege und Betreuung. CDU und CSU wollen Partner aller älteren Menschen in Deutschland sein. Um ihren Bedürfnissen und Wünschen gerecht zu werden, brauchen wir ein breites und umfassendes Angebot an Betätigung und Unterstützung. Ältere und Senioren sind ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft, auf den wir nicht verzichten können und wollen. Ihre Lebenserfahrung und ihr Rat sind uns wichtig. Wir möchten, dass sie möglichst lange aktiv teilhaben können und ihnen die erforderlichen Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden.
Download des kompletten Wahlprogramms im PDF Format (78 Seiten)
Anmerkung: auf welche Art sind ältere Menschen für die CDU/CSU wertvoll? Als Menschen ansich oder als Wirtschaftsfaktor im Hinblick auf Konsum und Pflegeindustrie? Schauen wir mal, was nach der Wahl (nicht) passiert…
SPD: “Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit”
Gut leben im Alter: Noch nie sind Menschen so gesund wie heute alt geworden. Nach dem Erwerbsleben liegt meist ein langer Lebensabschnitt mit guter Lebensqualität vor ihnen. Sie unterstützen ihre Kinder und Enkelkinder. Sie engagieren sich in Vereinen, Verbänden, Nachbarschaften. Sie wollen selbstbestimmt, selbstständig, in guter Nachbarschaft leben und sich gleichzeitig darauf verlassen können, dass sie bei zunehmendem Hilfe- oder gar Pflegebedarf die notwendige Unterstützung erhalten. Wir wollen daher lebenswerte und sichere Quartiere für alle Generationen unterstützen. Dazu gehört der Ausbau und die weitere Förderung von Orten der Begegnung wie den Mehrgenerationenhäusern, die auf freiwilliges Engagement angewiesen sind und es zugleich unterstützen.
Damit ältere Menschen lange aktiv sein können, unterstützen wir flächendeckende und miteinander vernetzte Angebote für Gesundheit, Pflege und haushaltsnahe Dienstleistungen – legal, für alle zugänglich und bezahlbar. Hier braucht es eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern, Kommunen und den Sozialversicherungen. Würdige Lebensbedingungen müssen für alle Lebensmodelle und Wohnformen sichergestellt werden. Dafür werden wir den Umbau zu barrierefreiem Wohnraum stärker unterstützen und das Programm „Altersgerecht umbauen“ fortsetzen und gemeinschaftliche Wohnformen mit einem Programm „Gemeinschaftlich selbstbestimmt Wohnen“ unterstützen.
Familienarbeitszeit für Pflegende: Wer Angehörige pflegt, braucht mehr Zeit für Zuwendung und oft auch finanzielle Unterstützung. Wir führen die Familienarbeitszeit für Pflegende
ein. So ermöglichen wir Menschen, die Familienmitglieder pflegen, eine Freistellung von der Arbeit mit Lohnersatzleistung: Pflegende Angehörige können ihre Arbeitszeit für bis zu drei
Monate ganz oder zum Teil reduzieren und erhalten in dieser Zeit eine Lohnersatzleistung, die sich in Höhe und Umfang am Elterngeld orientiert. Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darüber hinaus länger ihre Arbeitszeit für die Pflege von Angehörigen verringern möchten, erhalten sie das Familiengeld für Pflege. Es beträgt 150 Euro monatlich und wird für Beschäftigte gezahlt, die 75 Prozent bis 90 Prozent der jeweiligen regulären Vollzeit arbeiten; das entspricht je nach betrieblicher bzw. tarifvertraglich geltender Vollzeit 26 bis 36 Wochenstunden.
Bei der Pflege in der Familie werden immer häufiger Dienstleistungen wie eine Haushaltshilfe in Anspruch genommen. Eine besondere Herausforderung stellen Arbeitsverhältnisse dar, in denen eine
24 Stunden-Pflege und -Betreuung im Haushalt realisiert wird. Hier wollen wir Alternativen entwickeln. Die bereits bestehende staatliche Unterstützung werden wir auf dieses Ziel hin ausrichten.
Uns ist wichtig, dass staatliche Förderung an die soziale Absicherung der Beschäftigten gekoppelt ist. Um Hilfe- und Unterstützungsangebote gut aufeinander abstimmen zu können, muss die Beratung über die zur Verfügung stehenden Pflegeleistungen verbessert werden. Als wohnortnahe Anlaufstellen spielen Pflegestützpunkte eine wichtige Rolle. Hier werden pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen beraten, unterstützt und bekommen bei der Organisation der Pflege die Hilfe, die sie brauchen. Ihre Unterstützung für pflegebedürftige Menschen und die Angehörigen werden wir ausbauen.
Download des kompletten Wahlprogramms im PDF Format (116 Seiten)
Anmerkung: das Programm der SPD ist schon mal sehr viel umfangreicher und wird auch im Bezug auf die Pflege alter Menschen deutlich konkreter. Der SPD bleibt aber derzeit ja auch nix anderes übrig. Sie müssen potentielle Wähler mit sozialen Themen einfangen. Wer von uns möchte nicht mehr Gerechtigkeit? 😉
DIE LINKE: “Die Zukunft, für die wir kämpfen: SOZIAL. GERECHT. FRIEDEN. FÜR ALLE.”
Gute Pflege für alle statt Pflegenotstand! Wer schwer erkrankt oder im Alter gebrechlich wird, braucht Pflege. Doch nicht an jedem Wohnort und nicht für jeden Menschen mit Pflegebedarf stehen gute Pflegeleistungen zur Verfügung. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland hat Angst davor, im Alter oder bei Krankheit auf Pflege angewiesen zu sein. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien tragen mehr als die Hälfte der ständig steigenden Pflegekosten. Die Pflegeversicherung deckt die Kosten nicht, sie ist eine Teilleistungsversicherung. Daran hat sich auch mit den Pflegestärkungsgesetzen der Großen Koalition aus SPD und CDU/CSU nichts geändert. Im Gegenteil: Wir haben ein Zwei-Klassen-System in der Pflege.
Immer mehr Menschen können sich gute Pflege nicht leisten, müssen sich verschulden oder geraten in die Sozialhilfe. Das ist für ein reiches Land wie Deutschland ein Armutszeugnis. Die vorhandenen Pflegeangebote sind unübersichtlich und für viele unerschwinglich. Pflegeleistungen werden teuer gekauft oder durch Laien unbezahlt erbracht. Noch immer pflegen vor allem Frauen – Ehe- und Lebenspartnerinnen, Töchter und Schwiegertöchter. Der Wunsch, zu Hause gepflegt zu werden, ist für viele nur erfüllbar, wenn die Familienangehörigen einspringen. Im Alltag kämpfen viele pflegende Menschen mit Dauerstress, Erschöpfung und Geldsorgen. Viele schränken ihre Berufstätigkeit ein oder geben sie auf. Das verringert die eigenen Rentenansprüche und führt die Pflegenden in die Altersarmut. Wir stellen uns gegen eine Pflegepolitik, die auf Wettbewerbsdruck und Profite für wenige setzt. Pflege ist zu einem Markt geworden, private Unternehmen machen Gewinne – auf Kosten der Menschen mit Pflegebedarf und der Beschäftigten in der Pflege. Es fehlt die Zeit für eine aktivierende Pflege und zum Zuhören, für Zuwendung und Förderung.
In einigen Fällen mussten Menschen gegen ihren Willen Inkontinenz-Vorlagen tragen. Manche wurden sogar fixiert, weil für 50 Heimbewohnerinnen und -bewohner in der Nachtschicht nur zwei Pflegekräfte zur Verfügung standen. Viele Pflegebeschäftigte werden krank, weil sie völlig überlastet sind und nicht einbringen können, was sie gelernt haben. Oft ist vom Fachkräftemangel die Rede. Wenn Arbeitsstress krank macht, gute Bezahlung und Anerkennung fehlen, ist es nicht verwunderlich, dass viele ausgebildete Pflegekräfte ihren Beruf nur einige Jahre ausüben. Vor allem Frauen arbeiten in der Pflege. Niedriglöhne und Teilzeitverträge führen trotz harter Arbeit zu Altersarmut. Die Lohnunterschiede zwischen einzelnen Regionen sind enorm. DIE LINKE steht an der Seite der Beschäftigten in der Pflege: Pflegearbeit muss endlich aufgewertet und besser bezahlt werden! Wir wollen die Arbeitsbedingungen verbessern und die Weichen dafür stellen, dass mehr Pflegekräfte eingestellt werden. DIE LINKE will einen grundlegenden Wandel: Gute Pflege soll ein verbindliches Recht für alle werden. Wir wollen ein Verständnis von Qualität, das nicht aufgrund von Aktenlage entscheidet, sondern die Arbeitssituation der Pflegenden und den tatsächlichen Betreuungsbedarf der zu Pflegenden in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen die Familien entlasten: Pflegeleistungen sollen in einer Vollversicherung ausgeweitet werden, und wir wollen mehr professionelle Pflegekräfte. Das eröffnet die Möglichkeit, in der häuslichen Umgebung gepflegt zu werden und – wenn gewünscht – stärker auf professionelle Pflege zurückzugreifen.
Jede und jeder muss selbstbestimmt entscheiden können, wo und von wem sie oder er welche Pflege in Anspruch nimmt. Die Entscheidung darf nicht vom Geldbeutel, vom Wohnort oder von der Herkunft abhängig sein. Keine Pflegeleistung darf aus Kostengründen verweigert werden. Das gilt auch für die Entscheidung über den Sterbeort. Für einen Urlaub in EU-Staaten sollen die Kosten für Pflegesachleistungen, Verhinderungspflege und Pflegehilfsmittel für bis zu sechs Wochen durch die gesetzliche Pflegeversicherung übernommen werden. Die Pflege soll gerecht finanziert und von gut bezahlten Fachkräften erbracht werden. Familiäre Pflege und nachbarschaftliches Engagement können ergänzend und nicht aus der Not heraus geleistet werden. Daher will DIE LINKE die Pflege auf eine gerechte, bedarfsdeckende und solidarische Grundlage stellen: 1. Wir wollen eine Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Leistungen umfasst. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien müssen keine Eigenanteile zahlen. Wer auf Sozialhilfe angewiesen ist, erhält dieselben Leistungen wie alle anderen Menschen mit Pflegebedarf. Gleichzeitig werden die Kommunen entlastet, weil weniger Menschen durch die Pflegekosten von Sozialhilfe abhängig werden. Alle Leistungen werden bedarfsdeckend und nach bundesweit verbindlichen Qualitätsstandards erbracht. Zu den Pflegeleistungen gehören Assistenz und solange wie möglich Teilhabe am öffentlichen Leben. 2. Mit einer Solidarischen Pflegeversicherung, in die alle einzahlen, wollen wir die finanziellen Lasten gerecht auf alle Schultern verteilen: auch privat Versicherte, Beamtinnen und Beamte, Abgeordnete und Selbstständige müssen entsprechend ihrem Einkommen in die solidarische Pflegeversicherung einzahlen – ohne eine Beitragsbemessungsgrenze, die Millionäre schont. Grundlage für eine menschenwürdige Pflege ist eine verlässliche, gerechte und zukunftsfeste Finanzierung. So werden finanzielle Spielräume für bedarfsdeckende Leistungen, mehr Personal und bessere Entlohnung geschaffen.
Gute Pflege braucht gute Arbeit. Tarifliche Bezahlung muss Standard werden, um regionale Leistungs- und Lohnunterschiede abzubauen. 3. Menschenwürdige Pflege kann und darf nicht auf Profit ausgerichtet sein. Die Infrastruktur der Pflege ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge; Bund und Länder müssen hier endlich ausreichend investieren. Pflege gehört wieder in öffentliche Verantwortung und unter demokratische Kontrolle. Dafür wollen wir die Kommunen auch finanziell stärken. Denn gute Pflege wird vor Ort erbracht. Durch regionale Beschäftigungspolitik wollen wir gut entlohnte Arbeitsplätze bei öffentlichen und gemeinnützigen Trägern in der Pflege schaffen. 4. Menschen mit Pflegebedarf müssen selbst bestimmen können, wo und wie sie wohnen. Sie brauchen barrierefreie und bezahlbare Wohnangebote. Sie brauchen wohnortnahe Unterstützungsnetzwerke und unabhängige Beratungsleistungen. Die Rechte von Menschen mit Pflegebedarf, pflegenden Angehörigen und Beschäftigten in der Pflege wollen wir stärken. Ihre Interessenvertretungen brauchen Antrags- und Stimmrechte in allen gesetzlich vorgeschriebenen Gremien, insbesondere im Qualitätsausschuss auf Bundesebene und in regionalen Pflegekonferenzen. Die Digitalisierung geht auch am Pflegebereich nicht vorbei. Bereits jetzt werden schon vereinzelt für bestimmte Aufgaben sogenannte Pflegeroboter eingesetzt. Menschenwürdige Pflege beinhaltet aber auch einen Anspruch auf Pflege durch Menschen und menschlichen Kontakt. Deshalb wird sich DIE LINKE für eine gesetzliche Mindeststundenanzahl an menschlichem Kontakt in Pflegeeinrichtungen einsetzen. Der derzeitige Pflegenotstand ist für die zu pflegenden Menschen, ihre Angehörigen und die Beschäftigten nicht mehr tragbar. Für eine menschenwürdige Pflege setzt DIE LINKE daher auch auf Sofortmaßnahmen: Es braucht sofort mehr Personal und einen Ausbau professioneller Angebote. Um das zu finanzieren, wollen wir den Pflegevorsorgefonds auflösen und in einen Pflegepersonalfonds umwandeln. Zusätzliche Pflegekräfte können so regulär beschäftigt und besser bezahlt werden. DIE LINKE fordert eine Fachkraftquote von mindestens 50 Prozent in Pflegeeinrichtungen, die bundesweit verbindlich umgesetzt und deren Einhaltung wirksam kontrolliert wird. Gute Löhne für gute Pflege – Pflegeberufe aufwerten: Als Schutz gegen Lohndumping muss der Pflegemindestlohn sofort auf 14,50 Euro erhöht und auf weitere Tätigkeitsbereiche in der Pflege ausgedehnt werden.
Verstöße gegen den Pflegemindestlohn müssen sanktioniert werden. Die tarifliche Vergütung von Pflegefachkräften muss bundeseinheitlich als allgemeinverbindlich erklärt werden. Keine Pflegefachkraft sollte unter 3.000 Euro (in Vollzeit) verdienen. Die Ausbildung in den Pflegeberufen muss als integrierte Ausbildung mit einer zweijährigen gemeinsamen und einer einjährigen ergänzenden spezialisierten Fachausbildung gestaltet werden. Die dreijährige Pflegeberufsausbildung muss die unmittelbare Berufsfähigkeit sichern. Die Ausbildung, Fort- und Weiterbildungen müssen für die Pflegekräfte schulgeldfrei sein. Neben der Pflegeausbildung wollen wir eine dreijährige Ausbildung zur Fachkraft Assistenz nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Die steigende Qualifikation des Berufsbildes muss sich auch in einer höheren Ausbildungsvergütung und besseren Entlohnung niederschlagen. Versicherte wollen wir entlasten: Die Kosten der medizinischen Behandlungspflege müssen auch in stationären Pflegeeinrichtungen von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden. Allein das entlastet die Pflegeversicherung um mehr als zwei Milliarden Euro und verringert die Eigenanteile der Menschen mit Pflegebedarf. Die Förderung der privaten Pflegevorsorge – der sogenannte Pflege-Bahr – wird eingestellt.
Download des kompletten Wahlprogramms im PDF Format (144 Seiten)
Anmerkung: die Linke legt nochmal ‘ne ordentliche Schippe drauf! 144 Seiten Wahlprogramm und davon fast zweieinhalb Seiten tolle Versprechen zum Thema Pflege. Pflegevollversicherung, mehr Personal, Mindestlohn, Schulgeldbefreiung für Fachkräfte und eine höhere Ausbildungsvergütung. Das liest sich doch super! Vor allem das mit der Ausbildungsvergütung für mich als Azubi 😉 Am Ende wird der Linken aber wohl die Macht fehlen, die Pläne auch nur ansatzweise durch zu ziehen…
AfD: “Programm für Deutschland”
Dem „Pflegenotstand“ entgegenwirken: In allen vollstationären medizinischen Einrichtungen
entwickelt sich ein Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal („Pflegenotstand“). Eine Hauptursache ist, dass die Personalkosten im „DRG-Fallpauschalensystem“ der Krankenhäuser unzulänglich abgebildet sind. In den Krankenhausentgelten sind die tariflichen Entgeltsteigerungen deshalb nur teilweise enthalten. Aufgrund dieser Deckungslücke sehen sich viele Krankenhäuser gezwungen, Personalstellen, insbesondere bei der Pflege, einzusparen. Das führt zu einer unzumutbaren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Nachteilen für die Patienten. Als Ursachen für den fehlenden Berufsnachwuchs spielen der hohe Leistungsdruck und die zuweilen unangemessene Entlohnung eine Rolle.
Die Akzeptanz und Attraktivität des Pflegeberufs muss erhöht werden, um dem bestehenden und absehbar zunehmenden Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal zu begegnen. Die AfD fordert einen verbindlichen, länderübergreifenden Mindestpersonalschlüssel für das Pflegepersonal, der auch bei den Krankenhausentgelten Berücksichtigung finden muss.
Download des kompletten Wahlprogramms im PDF Format (76 Seiten)
Anmerkung: das Programm der AfD hat den geringsten Umfang: 76 Seiten. Dem Pflegenotstand werden gerade mal vier kleine Absätze gewidmet. Das ist zwar immer noch etwas mehr als bei der CDU/CSU, aber irgendwie lese ich hier immer nur “Krankenhäuser”?! Hat die AfD noch nie etwas von Pflegeheimen gehört? Oder wurde hier nur mal eben etwas zusammengezimmert, damit es halt Berücksichtigung findet?! Sehr enttäuschend. Ich möchte betonen, dass ich hier absolut objektiv schreibe und keine Partei aus persönlicher Überzeugung auf- oder abwerte!
FDP: “Denken wir neu. Das Programm der freien Demokraten zur Bundestagswahl 2017”
Weniger Bürokratie bedeutet mehr Zeit für die Pflege. Wir Freie Demokraten wollen, dass bei Heil- und Pflegeberufen die Patientinnen und Patienten im Vordergrund stehen und nicht die Bürokratie. Daher wollen wir den Aufwand für Bürokratie und Dokumentation vermindern, damit mehr Zeit für Zuwendung zu pflegebedürftigen Menschen zur Verfügung steht. Ein Lösungsansatz ist unter anderem die verstärkte Nutzung von IT- und Assistenzsystemen. So stellen wir eine menschenwürdige Begleitung sicher.
Gesellschaftliche Wertschätzung der Pflege Wir Freie Demokraten fordern mehr gesellschaftliche Wertschätzung und Würdigung der professionellen Pflege. Pflegende tragen große Verantwortung, sind fachlich qualifiziert und sind körperlich und psychisch stark gefordert. Das muss sich in der Vergütung ihrer Arbeit widerspiegeln. Damit fördern wir die Attraktivität des Berufes. Darüber hinaus fordern wir die integrative Ausbildung der Pflegekräfte. Integrative Ausbildung bedeutet ein gemeinsames erstes Ausbildungsjahr und spezialisierte Folgejahre. Eine generalisierte Einheitsausbildung lehnen wir ab. So erhalten wir eine kompetente Kinder-, Kranken- und Altenpflege. Zudem wollen wir familienfreundliche Arbeitszeitmodelle fördern.
Download des kompletten Wahlprogramms im PDF Format (158 Seiten)
Anmerkung: das Wahlprogramm der FDP umfasst 158 Seiten. Platz 2. Die Punkte zum Thema Pflege sind allerdings etwas kurz und schwammig gehalten. Weniger Bürokratie ist schön und mehr Wertschätzung ganz bestimmt auch. Aber soll das schon alles gewesen sein? Und wie soll das genau erreicht werden?
DIE GRÜNEN: “Zukunft wird aus Mut gemacht”
Gute Pflege – selbstbestimmt und würdig. Heute noch leisten pflegende Angehörige einen sehr hohen Anteil an der Pflege und Sorgearbeit. Auch aufgrund des demografischen Wandels wird dieses Potenzial zukünftig weniger werden. Ein verlässliches Wohn- und Pflegeangebot, bei Bedarf auch „rund um die Uhr“, ist immer stärker gefragt. Statt weiterer Großeinrichtungen setzen wir dabei auf einen umfassenden Ausbau an ambulanten Wohn- und Pflegeformen. Notwendig sind auch Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege sowie Einrichtungen wie Quartierstützpunkte oder Nachbarschaftszentren, die auch „rund um die Uhr“ eine Pflege und Unterstützung sichern. Dabei müssen die unterschiedlichen kulturellen, religiösen, sexuellen oder geschlechtsspezifischen Identitäten der Menschen Eingang in die Gestaltung der sozialen Infrastruktur und Pflegekonzepte vor Ort finden. Ebenso wollen wir die Wohn- und Pflegesituation für die Bewohnerinnen und Bewohner in den bestehenden Einrichtungen deutlich verbessern. Beim Aufbau von Hilfenetzen wollen wir die Kommunen unterstützen und ihnen mehr Rechte geben, selbst aktiv zu werden. Wir wollen, dass die Angebote vor Ort Familien entlasten und dass auch Menschen mit kleiner Rente die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Damit pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen das für sie passende Angebot finden, schaffen wir einen Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung durch Fallmanager*innen.
Menschen, die Verwandte oder Freundinnen und Freunde pflegen, wollen wir darüber hinaus besser unterstützen. Dafür schlagen wir die dreimonatige PflegeZeit Plus und jährlich zehn Tage für akute Notsituationen vor. Pflegende erhalten eine Lohnersatzleistung und werden von der Arbeit freigestellt. Pflegerinnen und Pfleger müssen besser bezahlt werden. Durch ausreichendes Personal wollen wir Überlastung vermeiden. Der Pflegeberuf muss aufgewertet und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Eine gemeinsame Pflegeausbildung ist dabei ein wichtiger Schritt. Dabei muss sichergestellt sein, dass das Ziel ohne Verlust bisher bestehender spezifischer Kompetenzen und ohne Verlust von Ausbildungskapazitäten erreicht werden kann. Und wir treten in den Dialog mit den Akteur*innen in der Pflege über neue Wege, die Qualität in der Pflege zu sichern, zum Beispiel auch mit einem unabhängigen Institut für Qualität in der Pflege. Schließlich wollen wir auch die Pflegeversicherung zu einer Bürger*innenversicherung machen und so langfristig ausreichend finanzieren. Zu einer guten Pflege gehört auch, Sterbenden ein Lebensende in Würde zu ermöglichen. Einen wichtigen Beitrag hierfür leisten die Hospizbewegung und die Palliativversorgung, deren Rahmenbedingungen wir verbessern wollen.
Download des kompletten Wahlprogramms im PDF Format (248 Seiten)
Anmerkung: das Wahlprogramm der Grünen ist mit 248 Seiten Spitzenreiter im Umfang. Davon wird leider nur ein Bruchteil der Pflegesituation gewidmet. Bis auf die (eher unnötige) Förderung der ambulanten Pflegeformen und der Verbesserung der Begleitung von Sterbenden bietet das Wahlprogramm leider gegenüber den anderen Parteien auch nix neues.
Mein persönliches Fazit
Mir drängt sich ein bisschen der Eindruck auf, dass die Parteien den Pflegenotstand (wie eh und je) im Programm haben, weil es sich gegenüber dem Wähler besser macht. Allein bei den Linken scheint es so, als ob sich damit wirklich intensiv beschäftigt wurde. Es gibt konkrete und vernünftige Ansätze und kein schwammiges Trallala. Ist zu hoffen, dass die Linke auch bei dieser Bundestagswahl wieder eine starke Rolle als drittgrößte Partei in der Opposition übernimmt und der bzw den regierenden Partei(en) in Sachen würdevoller Altenpflege ordentlich Dampf macht. Wäre doch fast zu schön um wahr zu sein, wenn wir in den nächsten vier Jahren eines besseren belehrt werden und sich in der Pflege doch mal was im positiven Sinne bewegt.
Examinierter Altenpfleger und Blogger aus Leidenschaft. Betreiber von Altenpflege.team und weiteren Blogs für Verbraucher und zum Thema Nachhaltigkeit.